Knappe Sache. Close Call.

Hallo liebe Leserin, lieber Leser,
vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst, diesen Text zu lesen. Hier erfährst Du mehr über unsere Herausforderungen in den letzten Jahren – in chronologischer Reihenfolge und mit vielen Details. In den letzten Jahren haben wir uns vorgenommen, eines der transparentesten Hotels zu werden. Ich möchte ehrlich und offen über uns und unseren Betrieb kommunizieren, und dieser Text ist ein wesentlicher Baustein dieses Vorhabens.

Natürlich könnte ich nur von unseren über 270+ Nachhaltigkeitsmaßnahmen erzählen und davon berichten, wie großartig unser nachhaltiges Hotel ist. Doch zu ehrlicher Kommunikation gehört auch, die Herausforderungen nicht unter den Teppich zu kehren. Alles andere wäre „Greenwashing“ – selbst bei uns. In den grünen Abschnitten findest Du immer wieder Hinweise darauf, wie unser Nachhaltigkeitskonzept uns in den schwierigsten Zeiten vor Schlimmerem oder auch der Insolvenz bewahrt hat.

Es war nicht leicht, diesen Artikel zu schreiben, und es hat mich viel Mut gekostet, so offen zu sein. Ich würde mich freuen, wenn Du mit meinen offenen Worten respektvoll umgehst.

2013: Der Schicksalsschlag

Klaus Förtsch, mein Vater, war ein Pionier in der umweltfreundlichen Hotellerie. Doch seine Karriere als Vorreiter endete unverhofft plötzlich. Er wurde 2013 mit nur 59 Jahren von einem verheerenden Schicksalsschlag getroffen: Die Diagnose einer frontotemporalen Demenz (FTD) in Verbindung mit einer Multisystematrophie vom zerebellären Typ.

In einer emotionalen Personalversammlung teilte Klaus 2013 dann dem Team mit, dass er (schwer) krank sei ohne zu diesem Zeitpunkt zu wissen, dass es tödlich sein wird. In einem so familiären und kleinen Betrieb hat diese Nachricht große Wellen geschlagen. Die folgenden Jahre waren geprägt von enormen Herausforderungen, sowohl im familiären Umfeld als auch im Hotelbetrieb. Familie, Freunde und Mitarbeitende hatten große Schwierigkeiten, mit dieser neuen Realität umzugehen. Die Krankheit veränderte ihn tiefgreifend. Während sein Gedächtnis intakt blieb, verlor er nahezu alle motorischen Fähigkeiten und das Sprechen fiel ihm immer schwerer. Die Krankheit geht oft mit einer Wesensveränderung einher. Auch Hollywood Schauspieler Bruce Willis ist von dieser Krankheit betroffen.

Eine tödliche Krankheit zu bekommen verändert aber auch die Prioritäten und den Blick auf das, was wichtig ist. Und zwar ganz fundamental, sowohl positiv als auch in manchen Fällen negativ. In der Regel durchlaufen Betroffene die fünf Phasen der Krankheitsbewältigung und da mein Vater so nah am Betrieb war und im Hotel lebte, war der Umgang mit so manchen Phasen eine extreme Herausforderung für Angehörige und den Betrieb.

Einen Hotelbetrieb zu übernehmen, oder auch die Unternehmensnachfolge an sich, ist mit vielen Hürden verbunden. Ohne das langjährige und treue Team an Mitarbeitenden wäre dieser Übergang nicht gelungen.

Die Treue zu Klaus und Gudrun Förtsch und zum Betrieb hat das Team in den holprigen Zeiten der Neuausrichtung Halt und Kraft gegeben.

Da aber relativ schnell klar wurde, dass es für Klaus nicht mehr möglich war den Alltag als Geschäftsführer zu bestreiten, musste ich den Betrieb eher unverhofft schnell übernehmen. Mit 25 Jahren übernahm ich dann am 1.1.2014 die Geschäftsführung des Hotel Luise. Meine Mutter ging einige Monate daraufhin auch in die Rente und überließ mir somit komplett freie Hand.

Die Welt entdecken, mehr Eindrücke in anderen Betrieben sammeln und mich selber finden – das war damals mein Plan. Dass alles anders kam war letztlich schon ein großer Schock, aber für mich war auch klar, das Lebenswerk meiner Eltern (und Großeltern) will ich schützen und weiterführen.

Gudrun Förtsch überreicht Ben Förtsch ein „goldenes Händchen“ für die herausfordernde Aufgabe.

2014 – 2017: Ein beschwerlicher Erfolg

In den Jahren 2014 bis 2017 nahm das Creativhotel Luise* am dena-Modellprojekt „Check-in Energieeffizienz teil, um die Energieeffizienz des Betriebs zu verbessern. Doch der Weg dorthin war mühsam. Von den ursprünglich 40 teilnehmenden Betrieben führten nur drei eine umfassende Sanierung durch, und wir waren der einzige Betrieb, der dies im laufenden Geschäftsbetrieb realisierte. Baustellenbereiche und gesperrte Zimmer führten zu erheblichen Umsatzeinbußen, was wir zwar erwartet hatten, dennoch eine Herausforderung darstellte.

[* Wir haben uns erst 2023 wieder in Hotel Luise umbenannt, davor hießen wir eine lange Zeit „Creativhotel Luise“]

Die Sanierung erwies sich als komplizierter als geplant. Unvorhergesehene Probleme in der Gebäudestatik führten zu einem erheblichen Mehraufwand, wodurch sich die Gesamtkosten von ursprünglich 1,5 Millionen Euro auf knapp 2,3 Millionen Euro erhöhten. Die zusätzlichen Kosten konnten nur durch Rücklagen und Eigenkapital gedeckt werden, was uns finanziell unter Druck setzte. Nach dem Umbau mussten wir “so richtig durchstarten”, da unsere Ersparnisse aufgebraucht waren.

Wir haben einen großen Aufwand betrieben, um bei solchen Zuständen trotzdem unseren Gästen einen angenehmen Aufenthalt zu gewährleisten.

Eine der größten Belastungen stellte jedoch der Brandschutzprüfer dar. Obwohl wir ein ausgezeichnetes Brandschutzkonzept hatten, mussten zahlreiche Änderungen nachträglich umgesetzt werden. Türen mussten ausgetauscht, Decken erneut geöffnet und umfangreiche bauliche Maßnahmen ergriffen werden. Die Kosten für den Brandschutz explodierten von den ursprünglich geplanten 250.000 Euro auf 600.000 Euro. Es war ein harter Schlag, der uns bis heute (Stand 09/2024) begleitet.

Der Bau und die schon damals sehr hochwertige Verarbeitung der Baumaterialien hat geholfen viele Teile des Bestands zu erhalten. Das alte Metall/Holzdach wurde vor Ort wiederverwertet und für Innenraumgestaltung (Frühstücksraum) und den Tiefhof wiedergenutzt. Das hat nicht nur Kosten im Ausbau gespart, sondern auch die Entsorgungskosten reduziert. Der Bau, aus dem zeitlichen Höhepunkt der Asbestzeit, war bis auf auf einen Abwurfschacht für Wäsche komplett asbestfrei gebaut worden. Viele Baumaterialien wurden verschenkt und reduzierten ebenfalls die Entsorgungskosten und das Müllaufkommen. Eine großangelegte Initiative für Handwerker und ausführende Firmen sorgte für einen weitestgehend reibungslosen Ablauf zwischen den Gewerken. Die HandwerkerInnen erhielten sogar eigens entwickelte Awards für ihren Einsatz.

2018: Ein Jahr des Abschieds

Das Jahr 2018 war geprägt von schweren Verlusten. Marga Förtsch, die das Hotel 1956 mitbegründet hatte, verstarb am 10. November 2018. Sie war nicht nur Mitgründerin und meine Großmutter, sondern auch das Herz und die Seele des Hotels. Ihre nachhaltigen Prinzipien und ihre Liebe zur Natur prägten das Hotel über Jahrzehnte hinweg. Besonders ihre hausgemachten Produkte, wie der Rosengelee, waren bei den Gästen beliebt und zeugten von ihrer persönlichen Handschrift. Das Heinzigartige Loft im 3.OG war einst die Wohnung von Marga und Heinz, und der Teppich liegt noch heute an der selben Stelle (siehe Bild unten).

Nur einen Monat später, am 27. Dezember 2018, verstarb Klaus Förtsch. Er war ein Pionier der Nachhaltigkeit in der Hotellerie und setzte früh auf ökologische Maßnahmen wie Solarenergie und die Reduktion von Einwegplastik. Sein Lebenswerk wird von mir weitergeführt, doch sein Tod hinterließ eine Lücke, die man nicht füllen kann.

Mit der Zeit arrangierte man sich mit dem Schicksal meines Vaters. Und bis zu Klaus’ Tod heilten somit auch viele Wunden, die die Krankheit bei vielen hinterließ. Zum Ende hin ging er mit allen wichtigen Menschen in seinem Leben (und mit der Welt) im Guten auseinander. Es war eine emotionale Achterbahnfahrt – ohne Sicherheitsgurt.

Beim Richtfest am 23. Dezember 2018 weihte Klaus Förtsch noch den Rohbau ein, vier Tage später verstarb er.

2019: Burn-out und Depression

In der Retrospektive ist man immer schlauer: Ich „musste“ im Jahr 2014, im Alter von nur 25 Jahren, den Betrieb übernehmen. Dass die anfänglichen Jahre als Geschäftsführer herausfordernd werden würden, war absehbar. Verschiedene private und geschäftliche Differenzen führten jedoch zu einem enormen Druck auf mich, der schließlich in einem Burn-out endete. Doch so behandelt wurde dieser nicht. Wie bei vielen Burn-Out Kandidaten herrschte in meinem Kopf die „ich kann ja sowieso nichts an der Situation ändern-“ und die „ohne mich würde hier nichts mehr laufen„-Mentalität. Es schien keine Lösung für den externen Druck zu geben. Ich fand keinen angemessenen Ausgleich und die Belastung wuchs weiter. Nach dem Tod von Klaus Förtsch wandelte sich dies schließlich zu einer tiefen Depression. 

Ein Selbstportrait dem Versuch das Gefühl der Depression zu visualisieren.

Das Thema Burn-Out und Depression ist in der Arbeitswelt noch immer viel zu oft ein Tabuthema. Das Gefühl unentwegt Stärke zeigen zu müssen setzt viele Menschen, oft auch in Führungspositionen, tagtäglich unter Druck. Der bewusste Umgang mit diesen Herausforderungen und ein offene Umgang im Team damit dabei helfen. Ohne den starken Rückhalt im Team, wäre ich nie den Schritt gegangen, das Thema offen und ehrlich ihnen gegenüber zu kommunizieren.

Wenn du Hilfe brauchst oder du dir Sorgen um einen Menschen in deinem Umfeld machst suche Dir Hilfe. Jede Depression ist unterschiedlich und von Außen kaum nachvollziehbar. Umso wichtiger ist es, in einem gesunden Lebens- und Arbeitsumfeld Halt zu finden. Soziale Nachhaltigkeit bedeutet auch, anständig und bewusst miteinander umzugehen. Jede und jeder hat ihr/sein eigenes Päckchen zu tragen. Und manchmal kannst Du durch simple Gesten helfen.

Obwohl ich in Behandlung war, hatte diese Phase schwerwiegende Auswirkungen – nicht nur auf mich und meine Familie, sondern auch auf das gesamte Team. Ich konnte nicht der Teamleader sein, der ich einst war. Der Betrieb lief zwar weiter, dank unseres engagierten Teams, doch die Demotivation und Ziellosigkeit waren deutlich spürbar. Die Depression sollte in der schlimmsten Phase bis 2022 andauern und hatte mit Höhen und Tiefen in den kommenden Jahren einen erheblichen Einfluss auf das Miteinander und Teamgefühl im Betrieb. 

Der Abschied von Klaus Förtsch hinterließ auch im Team tiefe Spuren, denn er lebte von 2014 bis zu seinem Tod im Hotel und war damit für viele ein fester Bestandteil des Arbeitsalltags. Für viele langjährige Mitarbeitende war es schmerzhaft, den einst so energetischen und fitten Seniorchef Stück für Stück schwinden zu sehen.

Ein krasser Themenwechsel, ich weiß: Währenddessen auf der wirtschaftlichen Seite – das Dena-Modellprojekt wurde zum Ende des Jahres großen Teilen fertiggestellt und eine vollumfängliche Wiedereröffnung mit einer großen Feier wurde für 2020 geplant. 

Mit der Eröffnung eines neuen Hotels im Oktober 2019 wurde die Bettenanzahl in Erlangen in einer ohnehin schwachen Auslastungszeit deutlich erhöht. Das komplett neue Hotel bot moderne Zimmer zu extrem günstigen Preisen an, was zu einem starken Wettbewerb für die bereits etablierten (privat geführten) Hotels in der Stadt führte. Besonders in den kommenden Monaten/Jahren einer Phase, in der die Hotelauslastung aufgrund von nie dar gewesener Krisen und wirtschaftlichen Unsicherheiten bereits niedrig war, stellte das neue Hotel eine große Herausforderung für die bestehenden Hotels dar.

2020: Pandemie, Überschwemmungen und eine Welle von Rückschlägen

Das Jahr 2020 begann voller Hoffnung. Wir hatten neue Renovierungsprojekte abgeschlossen und wollten unser zehnjähriges Jubiläum als Klimahotel feiern. Doch dann kam die Corona-Pandemie, die alles veränderte. Von einem Tag auf den anderen blieb der Betrieb stehen, und wir mussten uns neu erfinden. Wir entwickelten das Projekt Erlanger Care-Paket, das uns half, die lokale Gemeinschaft zu unterstützen. Über 430 Pakete wurden verkauft, was uns zumindest etwas Hoffnung und Freude brachte.

Gemeinsam mit anderen Einzelhändlern konnten wir das Care-Paket ins Leben rufen, was nicht nur half das Team zu beschäftigen und verderbliche Ware zu verwenden. Es stärkte auch den Zusammenhalt mit den Lieferanten und der Nachbarschaft. Die Welle der Dankbarkeit, die damit ausgelöst wurde war nicht nur psychisch, sondern sogar wirtschaftlich spürbar.

Doch bald standen wir vor größeren Herausforderungen. Neben dem Ausbleiben der Gäste entschieden wir, Corona-positive Patienten aufzunehmen und richteten einen Teil des Hotels dafür ein. Dies stellte unser Team vor eine immense Aufgabe, die wir gemeinsam meisterten.

Der Sommer brachte jedoch weitere Rückschläge: Zwei starke Überschwemmungen trafen uns schwer. Der Keller, der Wellnessbereich und sogar der Frühstücksraum standen unter Wasser. Trotz intensiver Sanierungsarbeiten und Vorsichtsmaßnahmen wurden wir von einem zweiten Starkregen überrascht, der weitere Schäden verursachte und emotional belastend war. Diese Ereignisse trafen uns hart und unterbrachen unsere Bemühungen, wieder Gäste zu empfangen:

Ohne die Unterstützung durch lange Partnerschaften mit unseren Partnerfirmen hätten wir diese Zeit vermutlich nicht mit nur einem blauen Auge überstanden. Die Hilfsbereitschaft, Sachspenden und finanziellen Unterstützungen haben uns extrem geholfen. Auch wirtschaftliche Resillienz, sowie die Ausarbeitung von Notfallplänen und ein guter Versicherungsschutz sind Bestandteil einer (wirtschaftlich) nachhaltigen Unternehmensführung. Gerade während es immer häufiger Klimakatastrophen und Starkwetter-Ereignisse gibt.

Weiterführende Links:
Das Jahr 2020 aus Sicht eines Gastgebers – YouTube
Corona und Starkregen: Beim Creativhotel Luise fällt der Jahresrückblick düster aus – Nordbayern.de

Mit der zweiten Corona-Welle und dem erneuten Lockdown kehrten Einsamkeit und Unsicherheit zurück. Ich habe die Motivation nicht verloren, jedoch ist es schwer, ohne Gäste und Mitarbeitende das Hotel am Leben zu halten. Trotz allem blicke ich optimistisch in die Zukunft und hoffe, bald wieder Menschen bei uns begrüßen zu können.

Ein weiteres Hotel eröffnete im Jahr 2020 direkt neben dem neuen Siemens-Campus in Erlangen. Diese Eröffnung führte ebenfalls zu einer Erhöhung der Bettenkapazität in der Stadt, was in einer bereits schwachen Auslastungszeit zu zusätzlichem Konkurrenzdruck für die bestehenden privat geführten Hotels führte. Mit modernen Zimmern, die zu sehr wettbewerbsfähigen Preisen angeboten wurden, zog das Hotel besonders Geschäftsreisende an, die den Siemens-Campus besuchten.

2021: Der Siemens-Auszug

Zu allem Übel begann Siemens 2020 mit dem Auszug aus dem „Glaspalast“ und anderen Standorten in Erlangen, was 2021 seinen Höhepunkt für uns erreichte und uns hart traf. Obwohl wir wussten, dass Siemens den Innenstadtstandort verlassen würde, kam dieser Schritt inmitten der CoVid-Krise und bevorstehenden wirtschaftlichen Unsicherheiten besonders ungünstig. Unser Hotel rutschte von einer A-Lage in eine B-C-Lage ab, was sich negativ auf unsere Online-Bewertungen auswirkte. Der Auszug aus dem großen Komplex führte zu zusätzlichen Herausforderungen, da die Straße durch Lasterkolonnen blockiert war, während das Siemens-Inventar versteigert wurde Siemens Campus Erlangen – Wikipedia.

Seit 2021 stehen alle orange umrandeten Flächen weitestgehend leer. Dies waren ursprünglich Bürogebäude unserer Hauptzielgruppen. Der Großteil soll in Wohnbebauung umgebaut werden.
Der Bereich mit dem grünen Rand ist das Hotel Luise.

Als im Frühjahr 2021 die Überbrückungshilfen und das Kurzarbeitergeld für Hotels gestrichen wurden, standen wir vor einer enormen Herausforderung. Zwar durften wir unseren Betrieb wieder öffnen, doch unsere Hauptkunden, die Großfirmen aus der Umgebung Erlangens, hatten weiterhin eine Reisesperre. Das bedeutete, dass unsere wichtigsten Geschäftsreisenden ausblieben, obwohl wir die vollen Kosten eines laufenden Hotelbetriebs tragen mussten. Besonders schwer war es, das Team zu motivieren und die betrieblichen Abläufe wieder hochzufahren, ohne zu wissen, wann sich die Buchungslage normalisieren würde. Doch wir kämpften weiter.

Das Weiterkämpfen wurde in großen Teilen von einem wunderbaren Team übernommen. Fast alle hielten in dieser schwierigen Phase am Betrieb fest und sind nicht, wie andernorts, der Branche abgewandert. In diesen Zeiten war es keineswegs so, dass wir nichts zu tun hatten, aber das Ergebnis war finanziell sehr negativ. Maßnahmen, wie der freiwillige Verzicht auf das Weihnachtsgeld, hat dazu beigetragen, die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Ein großer Schritt der Mitarbeitenden in solch einer herausfordernden Zeit.

Laut einer Studie der IUBH Internationale Hochschule zeigten sich besonders kleine und mittelständische Hotels im Jahr 2021 stark von der Pandemie betroffen, da 80% der Übernachtungen im Geschäftsreisesegment ausfielen. Diese Hotels hatten Mühe, sich nach den Lockerungen wirtschaftlich zu erholen.

2022: Ukraine-Krieg und neue Krisen

Ein neues Jahr, neues Glück. Mit einer motivierten Einstellung und dem Gedanken, dass es nur besser werden kann, starteten wir in das Jahr 2022. Doch die Realität holte uns schnell ein, als der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine begann. Sofort haben wir Sachspenden gesammelt und versucht, so gut es ging zu helfen. Gleichzeitig traf uns die Energiekrise besonders hart: Unser langfristiger Stromvertrag lief genau in diesem schwierigen Moment aus. Normalerweise hätten wir durch langfristige Verträge eine gewisse Preisstabilität gehabt, doch nun verdoppelten sich unsere Wärme- und Stromkosten, während die Auslastung des Hotels weiterhin niedrig blieb.

Welche Herausforderungen dieser Krieg sonst noch hervorgebracht hat, muss sicher nicht im Detail erläutert werden. Die extrem steigenden Preise, die beginnende Inflation und die psychisch belastenden Veränderungen setzten uns allen zu. Es fiel uns schwer, die Motivation im Team hochzuhalten und hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken. Die Kombination aus finanziellen Belastungen und der Unsicherheit, die die allgemeine Wirtschaftslage mit sich brachte, war eine echte Prüfung.

Eine Studie der International Energy Agency (IEA) zeigte, dass viele Unternehmen, insbesondere im Gastgewerbe, stark von den steigenden Energiekosten durch den Ukraine-Konflikt betroffen waren und sind. Hotels mussten drastische Einsparungen vornehmen oder sogar temporär schließen, um die Kosten in den Griff zu bekommen. Gleichzeitig wird betont, dass energieeffiziente Investitionen langfristig entscheidend sind, um solchen Preisschocks zu begegnen. 

Die Energiepreisbremse und Nothilfen halfen aufgrund der stark gestiegenen Preise zunächst, indem bis zu 80% der Strom- und Wärmekosten abgedeckt wurden. Der Haken: Diese 80% basierten auf dem Vorjahresverbrauch, als wir aufgrund der Pandemie den Betrieb heruntergefahren und extrem sparsam waren. Dadurch griff die Preisbremse nur bei etwa 30-40% unseres aktuellen Stromverbrauchs. Für den restlichen Anteil mussten wir statt der üblichen 16 ct/kWh zwischen 45-60 ct/kWh zahlen, was die finanzielle Belastung trotz Unterstützung deutlich erhöhte.

Die Sanierung für das Dena-Modellprojekt und unsere Photovoltaikanlage war nun plötzlich Gold wert. Unser ohnehin schon sehr niedriger Energieverbrauch hat den extremen Kostenanstieg sehr stark abgefedert. Als ein Beispiel: Die Grundlast des gesamten Hotelbetriebes, also die Strommenge, die das Hotel grundsätzlich immer verbraucht, liegt bei ca. 8.000 Watt bzw. 8 kWh. Bei dieser Gebäudegröße ist das sehr gering. In die Grundlast zählen Dinge wie Beleuchtung, Lüftung, Pumpen (Heizung, Wasser), Server und PCs, Minibars, Kühltruhen, etc… kennst du denn die Grundlast deiner Wohnung, deines Hauses oder deines Betriebes?

2023: Ein schockierender Vorfall

Im Frühjahr 2023 bewirteten wir einen Gast, dessen Aufenthalt weitreichende Folgen haben sollte. Der Gast, der an einer psychischen Krankheit litt und durch übermäßigen Tablettenkonsum außer Kontrolle geriet, zerstörte eines unserer besonderen nachwachsenden Hotelzimmer® und verursachte einen Schaden von über 6.000 Euro. Doch das war nicht alles: Er wanderte durch das Hotel, weckte andere Gäste mit lautem Geschrei und versetzte eine unserer Mitarbeiterinnen in große Angst. Trotz sofortiger Alarmierung kam die Polizei zunächst, nahm den Gast aber nicht mit. Erst nach einer erneuten Verständigung und regelrechtem Flehen unsererseits wurde der Gast schließlich von einem Team abgeführt und des Hauses verwiesen. Ein Video des Schadens ging auf Instagram viral.

Ein solches Ereignis war für uns beispiellos und hinterließ tiefe Spuren. Die Aufarbeitung dieser Situation dauerte eine Weile und hat emotionalen Narben hinterlassen. Das zerstörte Zimmer ist inzwischen vollständig wiederhergestellt, und keine sichtbaren Spuren dieses Vorfalls sind mehr vorhanden – doch die Erfahrung bleibt uns allen im Gedächtnis. Trotz strafrechtlicher Maßnahmen sitzen wir bis Heute auf den Kosten dieses Vorfalls. 

In einem Interview wurde ich einmal gefragt, ob das nachwachsende Hotelzimmer® denn wieder nachwachsen würde, wenn eine Rockband das Zimmer zerstört. Natürlich nicht! In diesem konkreten Fall half unser Konzept aber tatsächlich: Nahezu alles konnte Rückstandslos repariert werden, kein Einrichtungsgegenstand (außer dem Fernseher) musste komplett ersetzt werden. Ein Großteil der Kosten entstand durch den Ausfall des Zimmers und der Entschädigung der anderen Gäste, die die Nacht nicht schlafen konnten.

All diese Krisen und Veränderungen, die uns gleichzeitig trafen, führten letztlich zu einem erheblichen Investitionsstau. Viele geplante Bau- und Renovierungsprojekte konnten nicht umgesetzt werden. Trotz intensiver Sparmaßnahmen blieb das finanzielle Loch ungestopft. Ich habe den Betrieb in dieser Zeit über drei Jahre hinweg ehrenamtlich geführt, indem ich auf mein Gehalt verzichtete. Gleichzeitig konnten die Gehälter für die Mitarbeitenden wenigstens moderat erhöht werden. Im Gegensatz dazu stiegen die Kosten für die Wäschereinigung in diesem Zeitraum um mehr als 100%, während Wartungsverträge und Versicherungen um über 30% teurer wurden.

Diese Preissteigerungen konnten wir jedoch nicht an unsere Kunden weitergeben. Ein Großteil unserer Gäste sind nach wie vor Geschäftsreisende großer Firmen, die auf harte Preisverhandlungen setzen. Außerdem werden Dinge wie die Qualität des Frühstücks oder ein kostenfreier Spa Bereich nicht bei den Raten berücksichtigt. Wir haben die exakt gleiche Rate wie alle anderen Hotels in Erlangen. In einer Stadt wie Erlangen gelten bei solchen Verträgen, verzeihe den Ausdruck, „Friss oder stirb“-Bedingungen.

Während unsere Firmenraten zwischen 2014 und 2023 lediglich um 9% gestiegen sind, haben sich die allgemeinen Preise im gleichen Zeitraum durch Inflation und andere Faktoren deutlich stärker erhöht, was uns zusätzlich unter Druck setzte. Die allgemeine Preissteigerung in Deutschland über den gleichen Zeitraum betrug nach dem kumulierten Preisindex etwa 23%, was den extremen Unterschied zu unseren moderaten Preisanpassungen deutlich macht.

All diese Herausforderungen führten schließlich dazu, dass sich das Hotel mehrfach nahe an der Insolvenz befand. Die drohende Zahlungsunfähigkeit konnte jedoch vorerst abgewendet werden – dank privater Darlehen und der großzügigen Unterstützung unserer großartigen Zulieferer, Handwerker und Partner, die uns zum Beispiel durch extrem lange Zahlungsziele entgegenkamen. Ohne diese Zusammenarbeit und das Vertrauen unserer Partner wäre es kaum möglich gewesen, den Betrieb in dieser schwierigen Phase aufrechtzuerhalten.

Nach all den Rückschlägen zeigte sich das Jahr 2024 endlich wieder positiv. Zwar ist der Investitionsstau weiterhin spürbar, und teure Instandhaltungsmaßnahmen belasten unsere Erträge, doch der positive Wind ist da. Zum ersten Mal seit Jahren konnten wir wieder viele Neuerungen umsetzen. Es ist ein Aufatmen. Wir freuen uns auf die positiven Zeiten, auf die wir so lange gewartet haben, auch wenn wir wissen, dass die Zukunft unvorhersehbar bleibt. Der Ausblick ist nun hoffnungsvoll, und das gibt uns den Mut, weiterzumachen.

2024: Hoffnung und ein positiver Ausblick

Dieser Text ist mehr als nur ein Bericht. Es ist unser Weg, offen und transparent zu sein – über die Höhen und Tiefen der letzten Jahre. Vielen Dank, dass Du dir die Zeit nimmst uns, mir, zuzuhören.